Ausstellung Kreissparkasse Ravensburg Juli 2003

Fotos der Vernissage

Fotos der Ausstellung

Laudatio Presse

 

Laudatio

von Markus Glonnegger

 

"Wenn Sie erwarten, dass ich Ihnen nun eine gebildete, hoch geistige Rede halte zur Frage, was Kunst sei oder worin die Kunst von Peter Funk als einem oberschwäbischen Künstler, genauer : einem Weingärtler, der auch Ravensburg liebt, besteht, wenn Sie eine intellektuell gestylte Rede zur heutigen Vernissage erwarten, zum Beispiel darüber, was magischer Realismus oder Surrealismus sei oder wenn Sie von mir Genaueres zur Geschichte und Technik des Airbrush , was soviel wie „ Luftpinsel" bedeutet, hören wollen, dann sind Sie zur falschen Zeit am falschen Ort, denn das kann ich nicht, kann es auch nicht vorhaben und will auch nicht so tun, als ob ich etwas wüsste.

 

Wie kommst Du darauf mich um eine Rede zur Eröffnung Deiner Ausstellung zu bitten?", fragte ich Peter Funk, als er vor Monaten mit seinem Anliegen kam, „ von Kunst weiß ich nichts und habe auch noch nie eine Rede zu einer Vernissage gehalten !"

Und Peter Funk meinte, gerade deshalb sei er auf mich gekommen und weil er hoffe, es gelänge mir um diese Jahreszeit als Ravensburger zu seiner Ausstellung mit dem Titel  „ Ravensburger Türme" etwas Einfaches zu sagen, das die Menschen verstünden, etwas Herzliches, vielleicht...

Ich ließ mich überreden, zumal wir beide vor Jahren die Freude hatten, am Rande mit an der einmaligen Bürgerinitiative zur Sanierung des Mehlsackes im Jahr 1994/95 beteiligt gewesen zu sein. Wie viele Menschen, heimische und fremde, haben sich seither am renovierten Mehlsack erfreut ?

Zumal er seither wieder so aussieht wie einst, als Ladislaus Sunthain, der Hof- und Geschichtsschreiber Kaiser Maximilians ihn bei seinem Besuch in Ravensburg gesehen hat im Jahr 1495 und ihn als den „ weyss sinweld tuern " , den weißen, runden Turm bezeichnete, der dann bis 1730 offiziell „ Weißer Turm bei St. Michael" hieß , wobei das Ratsprotokoll aus dem Jahr 1624 berichtet, der „ Weißthurn " sei „ grau gewaschen“, also verputzt worden. Da sah der Mehlsack , wie ihn der Volksmund seiner Form wegen seit dem 16. Jahrhundert nannte, dann so aus, wie auch ich ihn täglich sah, wenn ich aus meinem Klassenzimmer im Wirtschaftsgymnasium blickte in den späten 60-er Jahren so grau wie die vielen öden Mathe - oder Betriebswirtschaftsstunden, und der einzige Lichtblick bestand darin, dass ich in der großen Pause meine Freundin hinter dem Mehlsack treffen konnte, wenn Sie mir den Blick auf meine besondere Beziehung zum Mehlsack hier gestatten.

Und wie viele Menschen in der Stadt und rundherum haben diese Bürgerinitiative längst wieder vergessen, während andere sich mühen, eine ähnliche Bürgeraktion für ein anderes, allerdings hinter dem Mehlsack verborgenes Ravensburger Kleinod am Leben zu erhalten ?

Und ist es nicht auch so, dass viele Ravensburger Bürger/innen nicht viel wissen von den Türmen ihrer Stadt und auch nicht von der Geschichte des Mehlsackes, der gewiss am meisten geliebt wird, mehr noch als der im Mittelpunkt der Stadt stehende stolze Blaserturm, unter dem wir uns heute hier versammelt haben ?

Am richtigen Ort sind Sie hier dürfen hier gerne bleiben, wenn Sie ein wenig hören wollen zu einem Künstler, der seine Heimatverbundenheit mit der Kunst und der Technik des Airbrush zum Ausdruck bringen möchte.

 

Peter Funk, Jahrgang 1958, gebürtig in Weingarten, beruflich  bei der Kripo in Ravensburg, seit 1985 als Airbrusher tätig, lebt in der David-Mieser-Straße in der Weststadt. Unterm Dach ist sein Atelier.

Wenn er dort arbeitet, was fast täglich geschieht, geht er akribisch und konzentriert vor : Aus feinen Düsen spritzt er Farbe, die unter großem Druck zerstäubt wird, punktuell auf den Bildträger, Sprüharbeiten, bisweilen unter Zuhilfenahme sorgfältig erstellter Schablonen ausgeführt, haben an sich einen hohen Grad struktureller Unschärfe, da die unter Druck zerstäubte Farbe nur bedingt kontrolliert werden kann. Wenn also derart exakte Airbrush - Bilder entstehen sollen, wenn hauchdünne Linien gespritzt, ja, geschrieben werden sollen, muss hoch konzentriert gearbeitet werden, denn es lässt sich kaum ein Fehler wieder gut machen.

„ Ich kann die Flächen nicht flüchtig mit großem Schwung einseifen, ich muss mit feinem Werkzeug feinfühlig arbeiten", sagt Peter Funk.

Deshalb sieht es in seinem Atelier in der David-Mieser-Straße auch nicht so aus wie in einer Werkstatt und nichts erinnert an ein kreatives Chaos, sondern in dem lichten Raum herrschen Ordnung und eine fast kontemplative Stimmung.

Alles liegt griffbereit an seinem Platz, es gibt kein Durcheinander, wie man es von manchen Künstlern kennt oder vermutet, Stille und Harmonie herrschen vor und spiegeln sich wider in seinen Arbeiten an den Wänden.

Der Kompressor, der die Luft für die Airbrush-Pistole liefert, ist im Keller und nicht hörbar, zu den Klängen leiser Musik arbeitet Peter Funk und konzentriert sich auf den Punkt.

 

So geht die Airbrush-Arbeit in der David-Mieser-Straße vor sich, und in der Tradition des akkuraten Ravensburger Kartographen David Mieser, der von 1580 bis 1638 lebte und den „Ravensburger Prospekt von 1625" schuf, einer detailgenauen Darstellung der Stadt Ravensburg, die wir nebenan im (Großen Sitzungssaal des Rathauses) bewundern können, sieht sich Peter Funk.

„Das, was dieser Maler festhielt, möchte ich mit meinen Mitteln und mit dem Anspruch, etwas Neues zu schaffen, fortsetzen, und ich möchte auch meine Heimatverbundenheit mit meiner Fertigkeit und der Airbrush -Technik verbinden und so dem Betrachter Bilder vorführen, die auch Zeitzeugnisse sind wie jene Ansichten der alten Meister ", sagt Peter Funk.

Zeitzeugnisse, seine Bilder : Da sind die kleinen, oft versteckten Hinweise auf den Bildern: Memory-Kärtchen, die Armbrust, die unterschiedlichen Ver­sionen der Bilder für Landsknechte oder Mitglieder des Trommlerkorps : Wer genau hinschaut, sieht sie!

 

Man stelle sich aber den Fauxpas vor, jemand schenke einem Landsknecht das Airbrush-Bild oder den Druck mit dem Troko-Käpple oder : noch viel schlimmer : - ein Troko-Trommler erhalte ein Motiv mit dem Landsknechts-Hut.

 

So ein Airbrushbild wächst langsam.

„ Von der Idee, der ich Nächteweise auf der Spur bin, bis zu den ersten konkreten Arbeitsschritten und endlich zur Fertigstellung des Werkes vergehen Monate ", sagt Peter Funk. So sind seit 1985 erst 400 Bilder entstanden, was ihre Kostbarkeit steigert.

Was Peter Funk von seiner künstlerischen Arbeit erzählt, ist geprägt von Bescheidenheit und klingt, als sei schlicht und einfach, was er uns zeigt. Gewiss liegt er damit nicht im Trend.

Er hat auch kaum Beziehung zu manchen Strömungen der scheinbar offiziellen Gegenwartskunst und ihren wortgewandten Predigern, die jeder, der ab und zu oder regelmäßig Vernissagen besucht, kennt. Und so hat Peter Funk auch keine Verbindung zum modernen Kunstmarkt, wohl aber zu vielen Künstlern der Region Oberschwaben / Bodensee und wie ich bedauert auch er gelegentlich, dass es in Ravensburg zwar wunderbare Ausstellungsräume gibt, in denen wir aber äußerst selten oberschwäbische oder gar Ravensburger Künstler/innen zu sehen bekommen und schon gleich gar keine nicht akademisch gebildeten, also Autodidakten.

 

Um so dankbarer sind wir der Kreissparkasse, dass sie hier im Waaghaus, diesem wuchtigen und ebenso eleganten Gebäude voller Geschichte und Geschichten, zum Beispiel über den Fleiß und den Bürgerstolz unserer Vorfahren und ihre Fähigkeit so stolze und prachtvolle, aber keinesfalls eitle Gebäude und Türme zu erbauen, die Möglichkeit eröffnet, auch die Werke oberschwäbischer Künstler/innen sehen zu können.

 

Peter Funk zeigt uns 28 seiner Arbeiten unter der schlichten Überschrift  „ Ravensburger Türme " ; und er zeigt  uns auch Blumenmotive und Stilleben.

Im Mittelpunkt steht der Mehlsack, von dem wir wissen, dass ihn manche Ravensburger in Miniaturform mit in die Ferne oder den Urlaub nehmen als „Hoimwehtrösterle", das der unvergessene Ur-Ravensburger „Kasperle-Mayer" einst als erster jahrelang liebevoll in Handarbeit gefertigt und beim Rutenfest, Jahr- und Christkindlesmarkt verkauft hatte, längst vielfach kopiert in allen möglichen Materialien, aber nie erreicht.

 

Und warum beschäftigt sich Peter Funk so intensiv mit dem 1425 bis 1429 erbauten Mehlsack, von dessen Wehrplateau aus in 51 Metern Höhe man unmittelbare Sicht in den Hof der Veitsburg hat, die sich damals im Besitz der Landvögte von Schwaben, der politischen Gegner der Reichsstadt befand ?

Das will er Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, selbst erklären, wie er Ihnen auch etwas zum Innenleben des Mehlsackes, zu den Wappen der Freien Reichsstädte und zum doppelköpfigen Adler, dem Reichswappen sagen kann - und sicher Kompetentes zur Entstehung seines neuen Mehlsack-Bildes, zum Magischen Realismus und zur Airbrush-Technik.

Mir bliebt nun noch der Hinweis, dass, was ich Ihnen vom Mehlsack in Kürze erzählte, aus einem Beitrag von Beate Falk stammt, den sie 1995 in dem schönen Büchlein über die Geschichte und Renovierung des Mehlsackes veröffentlicht hat und zugleich wünsche ich Ihnen viel Freude mit den Bildern von Peter Funk.

Heute schon dürfen wir uns auch schon freuen darauf, dass es bald wieder vom Mehlsack blitzt, böllert und kracht, wenn endlich wieder Rutenfest ist."

 

Markus Glonnegger 7.7.2003